„Ich zuerst.“
Er sagte es mit solch einer Bestimmtheit, dass ich kurz seufzte und dann nickte. Wenn er unbedingt anfangen wollte, dann sollte er – es würde nichts an meiner Entscheidung ändern.
„Ich lass das mit der Musik“, sagte er. „Du bist wichtiger. Ich scheiß auf die ganze Kohle und den verdammten Ruhm, ich will das nicht. Ich wollte das nie so wirklich, es ist einfach passiert. Scheiße, am Anfang dachte ich echt, damit ließe sich das Loch in meinem Leben stopfen, aber das stimmt nicht.“ Er starrte mich an. „Ich glaube, nur ein Mensch kann dieses beschissene Loch zuschütten. Und dieser Mensch, Esther …“
„Nein!“, entfuhr es mir.
Ein dunkler Schatten huschte über sein Gesicht. „Wie meinst du das?“, fragte er tonlos.
„Ich will das nicht sein, Eric.“ Ich schüttelte den Kopf und meine Augen füllten sich mit Tränen. „Ich will nicht der eine Mensch sein, der deine Löcher stopft. Ich will nicht diejenige sein, für die du die Musik aufgegeben hast. Du darfst die Musik nicht aufgeben. Sie gehört zu dir.“ Den letzten Satz flüsterte ich und ich merkte, wie er etwas mit ihm machte. Sein Gesichtsausdruck flackerte kurz und ich sah, dass er selbst nicht ganz sicher war mit seiner Entscheidung.
„Ich hab schon ein Statement abgegeben“, sagte er, als würde das irgendwas ändern.
„Ich weiß“, flüsterte ich. „Ich hab’s gesehen. Und es hat mir das Herz zerrissen.“ Ich hatte das Gefühl, für meinen nächsten Satz Halt zu brauchen und legte meine Fingerspitzen auf die fleckige Vorzimmertapete. „Nicht nur du hast dich entschieden, auch ich habe mich entschieden, Eric. Und ich habe mich gegen eine Beziehung mit dir entschieden.“
„Nein“, sagte er.
„Ich kann nicht zulassen, dass du das meinetwegen tust“, erwiderte ich. „Irgendwann würdest du mich dafür hassen, Eric.“
Er schüttelte heftig den Kopf.
„Doch, Eric, das würdest du.“
„Ich könnte dich nie hassen“, sagte er.
„Jeder kann jeden hassen“, erwiderte ich müde.
Er atmete tief ein und wandte sich um, als würde er durch die Wohnung tigern wollen. Aber mein Vorzimmer war so klein, dass er kaum einen Schritt machen konnte.
„Nein!“, brüllte er mich plötzlich an. „Ich könnte dich nicht hassen! Ich liebe dich, verdammt nochmal!“
Ich starrte ihn an und wusste nicht, was ich sagen sollte.
„Ich liebe dich“, wiederholte er etwas leiser. Seine blauen Augen waren so voller Gefühl und bohrten sich in meine. „Und ich werde verflucht nochmal alles tun, was nötig ist, um mit dir zusammen zu sein.“ Er kam einen Schritt näher und mich traf sein unwiderstehlicher Duft. Mein Körper reagierte sofort darauf und ich spürte, wie mir die Knie weich wurden. Ich streckte den Arm zur Wand aus und hatte das Gefühl, zu schwanken. Mein ganzes erbärmliches Leben drehte sich und ich wusste nicht, was ich tun sollte, ich wusste nur, dass ich ihm jetzt nahe sein wollte.
Er umfasste meine Taille und hielt mich fest, während er seine Stirn auf meine senkte. „Es tut mir leid, dass ich gestern Nacht abgehauen bin“, flüsterte er rau. „Ich hab schon so viel Scheiße erlebt, dass ich es einfach nicht glauben konnte, dass mir mit dir so etwas Gutes passiert. Du warst einfach zu schön, um wahr zu sein. Es hat mir eine Scheißangst gemacht.“
Ich stand da, spürte seine Nähe, atmete seinen Geruch und plötzlich verstand ich, was meine Nachbarin mit Boom-Tschakka-Boom gemeint hatte. DAS hier war Boom-Tschakka-Boom, dieses Gefühl und das Wissen, dass ich mich nie wieder in einen Mann so sehr verlieben würde, wie gerade in ihn. Mein ganzer Körper verzehrte sich nach ihm, jede Zelle wollte in seiner Nähe sein und es war fast so, als gäbe es irgendeine unsichtbare Macht, die mich zu ihm trieb. Überwältigt von meinen Gefühlen hob ich den Kopf und sah ihm in seine unfassbar blauen Augen.
„Okay“, sagte ich dann und es war alles, was ich in dem Moment rausbrachte.
„Okay“, wiederholte er und dann breitete sich ein glückliches Lächeln auf seinem Gesicht aus und er küsste mich.
? okay ?
🙂
?Boom-Tschakka-Boom?