Eric – 60

Eric – 60

„Unglaublich. Eric Adams mal pünktlich“, empfing mich Aron vor dem Privatjet und grinste träge.

„Unglaublich. Du kannst lächeln“, erwiderte ich und rempelte ihn beim Vorbeigehen leicht mit der Schulter an.

„Kann sich ganz schnell wieder ändern, Mann“, knurrte er.

Ich grinste nur und begrüßte Cliff und Noah mit Handschlag. „Wo ist unser verdammter Manager?“, fragte ich dann in die Runde.

Cliff sah sich suchend auf dem Rollfeld um und zuckte dann mit den Schultern. „Keine Ahnung. Er kommt sicher noch. So aufgekratzt, wie der gestern war.“

„Da, ist er das nicht?“, fragte Noah in dem Moment und zeigte auf einen hektischen Typen, der von der Abflughalle aus auf uns zugerannt kam. Sein blonder Haarschopf leuchtete in der Sonne und seine Tasche schlenkerte wild hinter ihm her. Er sah aus wie so ein verdammter Clown und ich wusste nicht, ob ich mich amüsieren oder den Kopf schütteln sollte.

„Hallo … Jungs …“, keuchte Simon, als er schwitzend vor uns ankam und winkte der Crew zu, die am oberen Treppenabsatz des Privatjets darauf wartete, dass wir einstiegen.

Ich nickte ihm kurz zu. „Lange Nacht gehabt?“

„Äh … ja … so was in der Art“, murmelte Simon und wich meinem Blick aus. Dann fuhr er sich nervös durch seine blonden Locken und setzte ein falsches Grinsen auf.

„Ab nach Vegas, Leute. Wir fliegen dorthin, wo der Schotter wächst.“

 

Auf dem ganzen Weg im Flieger plapperte Simon von unserer nächsten Welttournee, und dass dies erst der Anfang sei und wir nicht mehr aufzuhalten wären. Ich hörte ihm nur mit einem halben Ohr zu und dachte an Esther. Die letzte Nacht mit ihr war unglaublich gewesen und ich wünschte, sie wäre jetzt hier bei mir. Stattdessen ließ ich das Gequassel von Simon über mich ergehen und bestellte mir irgendwann einen Wodka, weil seine Euphorie so anstrengend war. Als wir schließlich landeten und im Hotel eincheckten, gaffte der Typ die beleuchteten Springbrunnen an, als wären wir im verdammten Mekka gelandet.

„Der Soundcheck ist in drei Stunden“, sagte er zum bestimmt fünften Mal, während wir die protzige Lobby betraten. „Ihr habt nur eine Stunde dafür, weil die Halle danach für die Abendshow vorbereitet wird. Vor dem Gig morgen habt ihr noch weniger Zeit, deshalb ist es wichtig, dass heute schon alles passt. Aber keine Sorge, ich werde ohnehin auch da sein.“

„Unser Glück“, murrte ich und setzte meine Sonnenbrille auf. Die weitere Zeit bis zum Gig verlief quälend langsam, und während die anderen sich in ihren Hotelzimmern amüsierten, zog ich mich zurück und arbeitete an dem Lied, das im Coffeeshop zu mir gekommen war. Dabei hatte ich ständig Esthers Gesicht vor mir mit diesen unglaublichen Augen, in dessen Tiefen ein Mann sich verlieren konnte.

 

***

 

„Okay, Leute. Normalerweise sag ich ja: Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas – aber nach dem Gekreische da draußen“, Simon deutete glückselig mit dem Daumen über seine Schulter, „wird das bei euch etwas anders ablaufen. Also: Macht euch darauf gefasst, dass die ganze Welt von eurem Auftritt erfährt – ihr werdet auf Youtube, Twitter und Instagram sein. Geht da raus und rockt die Bude, ihr seid fantastisch!“ Simon strahlte uns an und ich hatte das Gefühl, er hatte vor dem Auftritt mehr Lampenfieber als wir selbst.

„Wir rocken das Ding!“, bestätigte Noah und boxte Simon gegen den Oberarm, bevor er ein paar Mal auf der Stelle hüpfte.

„Schöne Ansprache“, sagte ich und hob kurz die Augenbrauen, als ich an unserem Manager vorbeiging.

„Ja, echt, Mann“, stimmte mir Cliff zu und klopfte Simon auf die Schulter. „Unser alter Manager Alex hatte nie so viel …“

„Herz“, half ich ihm grinsend aus und genoss das rhythmische Stampfen der Menge draußen. „Bereit?“, fragte ich dann meine Jungs und blickte von einem zum anderen. Die aufgeladene Energie der Halle sprang auf uns über und ich hatte echt Bock, jetzt hinauszugehen und einfach nur Musik zu machen.

Einer nach dem anderen nickte und selbst Aron sah mir direkt in die Augen. „Bereit“, erklärte er rau.

„Gut“, meinte ich. „Dann lasst uns jetzt das machen, was wir verdammt nochmal am besten können.“

One thought on “Eric – 60

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back To Top