Esther – 121

Esther – 121

Die rundliche Krankenschwester verfrachtete mich in einen Rollstuhl und plapperte auf dem ganzen Weg zu meinem Zimmer fröhlich vor sich hin, während Eric uns stumm wie ein Schatten folgte.

Ich war mir nicht sicher, ob es richtig gewesen war, das Gespräch auf seinen Vater zu lenken, aber ich hatte in diesem Moment einfach nicht anders gekonnt.

„Im Schrank finden Sie ein frisches Nachthemd“, sagte die Krankenschwester und schlug die weiße Bettdecke einladend zur Seite. „Ich kann Ihnen beim Umziehen helfen, wenn Sie möchten.“

„Nein, das schaffe ich schon“, murmelte ich und stemmte mich aus dem Rollstuhl in die Höhe. Sofort war Eric bei mir und stützte mich auf dem Weg ins Badezimmer.

Vorsichtig half er mir aus meinen Sachen und stopfte dann alles in eine große Plastiktüte, die uns die nette Krankenschwester gegeben hatte. Es war mir ein wenig peinlich, als er beim Anblick meines blutigen Slips kurz innehielt, aber dann atmete ich tief durch und schob das Gefühl zur Seite. Dem Baby ging es gut und das war es, was zählte.

„Ich liebe dich“, sagte er plötzlich, während ich in das geblümte Krankenhaushemd schlüpfte. Ich hielt mitten in der Bewegung inne und blickte ungläubig zu ihm hoch. Nach allem was in den letzten Stunden passiert war, nachdem ich auf seine Terrasse gekotzt, ihn mit seiner Vergangenheit konfrontiert und er meine schmutzige Unterwäsche eingesammelt hatte, war eine Liebeserklärung irgendwie das Letzte, mit dem ich gerechnet hätte.

„Ich liebe dich auch“, sagte ich nach einem Moment. „Sehr sogar.“

Er stellte die Plastiktüte mit meiner Kleidung auf den Boden und lächelte sexy. „Wie sehr?“ Bei seiner rauen Stimme lief mir ein Schauer der Erregung über die Haut.

„Mehr als …“ Ich stockte und biss mir auf die Lippen. Beinahe hätte ich gesagt: Mehr als jeden anderen Mann zuvor – doch ich konnte mich gerade noch daran hindern. Nur zu gut erinnerte ich mich an seinen Gesichtsausdruck, als er mich gefragt hatte, ob ich von ihm geheiratet werden wollte. Und in dieser Hinsicht Druck auf ihn auszuüben, war wirklich das Letzte, was ich wollte.

„Mehr als du denkst“, antwortete ich deshalb und zuckte zusammen, als plötzlich jemand an die Badezimmertür klopfte.

„Wenn Sie fertig sind, würde ich Ihnen dann den Zugang für den Magnesiumtropf legen“, sagte die Krankenschwester von der anderen Seite.

Eric hauchte mir lächelnd einen Kuss auf die Lippen und öffnete die Tür. „Fertig“, sagte er dann und zwinkerte der rundlichen Dame zu. „Obwohl es ihr verdammt schwer fällt, sich von mir loszureißen.“

„Das kann ich mir denken, junger Mann“, antwortete die Schwester schmunzelnd und half mir ins Bett zu steigen. „Heute Nacht gebe ich auf Sie Acht, Schätzchen – und morgen früh können Sie dann wieder zu Ihrem schnuckeligen Mann nach Hause.“

 

Am nächsten Morgen holte mich Eric ab und brachte mich auf meinen ausdrücklichen Wunsch in meine Wohnung. Die Ärzte waren mit meinen Blutwerten zufrieden und ich hatte das Bedürfnis, endlich mal wieder in meinen eigenen vier Wänden zu sein. Obwohl Eric bei mir bleiben wollte, schickte ich ihn zu Zoe. Es war jetzt wichtiger, dass er sich um sie kümmerte – denn meine Pläne bestanden ohnehin nur daraus, mit meinen Eltern zu telefonieren und mich anschließend mit einem Buch auf das Sofa zu verkrümeln.

Ich hatte es mir gerade mit einer kuscheligen Decke und einer Tasse Tee gemütlich gemacht, als es an meiner Tür klingelte. Seufzend stellte ich den Tee zur Seite und quälte mich in die Höhe, als ich hörte, wie von außen ein Schlüssel ins Schloss gesteckt und herumgedreht wurde. Mit klopfendem Herzen erstarrte ich mitten in der Bewegung und atmete erleichtert aus, als Flos rotblonder Lockenkopf sichtbar wurde.

„Esther!“, sagte sie vorwurfsvoll. „Wieso bist du denn auf?“

„Stell dir vor, da hat jemand an meine Tür geklingelt“, erwiderte ich ironisch und hob eine Augenbraue.

„Ja, aber doch nur, weil ich dich nicht erschrecken wollte“, sagte sie und schneite in mein Vorzimmer. Kaum war sie drinnen, schloss sie mich in eine sanfte Umarmung. „Eric hat mir erzählt, was passiert ist.“

„Hast du von ihm den Schlüssel?“, fragte ich und spürte, wie sie mit dem Kopf nickte.

„Er wollte nicht, dass du jetzt allein bist.“

„Ich bin nicht allein. Ich habe meine Bücher“, antwortete ich lächelnd, während sich Flo wieder von mir löste.

„Sag das nicht“, meinte sie kopfschüttelnd. „Solche Sätze sagen nur schrullige alte Katzenladys.“ Sie begann übers ganze Gesicht zu grinsen. „Und keine heißen, schwangeren Brautjungfern.“

 

 

10 thoughts on “Esther – 121

  1. Huhu, das warten ist wirklich furchtbar! Besonders, wenn das Internet gerade nicht so schnell ist und ich weiss, die Fortsetzung ist da!, aber das doofe Internet funktioniert nicht! Zum Glück ? habe ich es jetzt geschafft! Vielen Dank ? für die Fortsetzung!
    Schön, dass es auch nette Leute gibt (Krankenschwester) ?

  2. Gibt es einen besseren Beweis für seine Liebe, als dass er Flo Bescheid sagt, weil er sich sorgt? Ich finde nicht.
    Brautjungfer??? Hab ich was nicht mitbekommen?

    1. Liebe Svenja,
      das hängt ein bisschen von unserem Tagesplan ab. Wir versuchen natürlich, euch nicht zu lange warten zu lassen, aber manchmal ist es leider auch später. Eric ist heute aber gerade von uns freigeschaltet worden 🙂
      Lg Ulli & Carmen

      1. Danke schön. Ich bin totaler Fan von euch und den Büchern. Bin schon gespannt auf was für tolle Ideen ihr noch kommt.
        Wird es eigentlich noch einen nächsten Teil geben von Groupie wider Willen?

    1. Als Esther so lange im Krankenhaus war, hat sich Esthers Nachbarin um Newton gekümmert. Und die hat den Kater so furchtbar verwöhnt, dass er jetzt oft nach seinen Streifzügen bei ihr vorbeischaut. Katzen eben. 🙂

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